Weil eine Bank ihren Kunden nicht ordnungsgemäß über die Kündigungsmöglichkeiten seines Immobiliendarlehens aufgeklärt hat, hat sie ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens verloren. Das hat das Landgericht Ravensburg mit Urteil vom 21. März 2023 entschieden (Az.: 2 O 277/22). Der Kreditnehmer erhält damit seine bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von knapp 11.000 Euro zurück.
Wird ein Darlehen vor Ende der vereinbarten Laufzeit zurückgezahlt, hat die Bank als Ausgleich für die entgangenen Zinsen Anspruch auf die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Dieser Anspruch besteht jedoch nicht, wenn die Angaben der Bank zur Laufzeit des Vertrags, zum Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.
In dem vorliegenden Fall hatte die Bank den Darlehensnehmer nicht ausreichend über sein Kündigungsrecht aufgeklärt und daher auch keinen Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung, so das LG Ravensburg.
In dem Verfahren hatte der inzwischen verstorbene Vater des Klägers 2013 ein Immobiliendarlehen über 150.000 Euro bei der Bank abgeschlossen. Der Darlehensvertrag hatte eine Zinsbindung bis Ende 2019 und eine voraussichtliche Laufzeit bis 2066. Als Alleinerbe seines Vaters verkaufte der Sohn die Immobilie 2021, kündigte den Darlehensvertrag außerordentlich und löste das Darlehen vorzeitig ab. Im Gegenzug zahlte er unter Vorbehalt eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von rund 11.000 Euro an die Bank. Wenig später widerrief er den Darlehensvertrag und forderte die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurück.
Das LG Ravensburg erklärte, dass der Widerruf bereits verfristet war und deshalb nicht wirksam erfolgt sei. Allerdings sei die außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrags wirksam. Der Kläger habe außerordentlich kündigen können, weil die Angaben der Bank zu seinem Kündigungsrecht nicht ausreichend waren. Gemäß § 494 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 BGB ist der Darlehensnehmer bei fehlenden Angaben zur Laufzeit des Vertrags oder zum Kündigungsrecht jederzeit zur Kündigung berechtigt. Das gelte auch bei Immobiliendarlehen, so das Gericht.
Da bei der Kündigung eines Darlehensvertrages die Bank keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsschädigung hat, müsse sie diese dem Kläger erstatten, entschied das Gericht.
„Banken können ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung auch verlieren, wenn sie nicht ordnungsgemäß über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung aufgeklärt haben. Auch dieser Fehler ist Banken und Sparkassen häufiger unterlaufen, wie eine Reihe von Urteilen zeigt“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
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